Rede: Ergebnisse der Nachbefragung zum Bürgerentscheid „Innenstadtstrecke Regional-Stadtbahn“

Oh lol, wir reden schon wieder über die Stadtbahn, mega cringe. Ich wollte in Vorbereitung für diese Rede nachschauen, was offiziell das Ziel dieser Befragung war, aber da es keine Vorlage der Verwaltung gab, war ich völlig lost. Ich weiß, für solche “kleine” Geldbeträge muss der Gemeinderat nicht konsultiert werden, aber gebe den Linken recht, dass es stabil gewesen wäre, wenn die Verwaltung uns um eine Abstimmung oder zumindest Diskussion darüber in einer öffentliche Sitzung gebeten hätte. Aber: no front.

Für mich persönlich war der Sinn dieser Befragung zu wissen, welche Gründe, die Mehrheit der Tübinger*innen hatte um gegen die Innenstadtstrecke der RSB zu stimmen, da es viele Gründe dagegen und auch dafür gab und wir bisher nur vermuten konnten, welche eine größere Rolle gespielt haben. Was ich auf gar keinen Fall wollte, war die Schuld dieses Ergebnisses random an eine oder mehreren Gruppen von Menschen zu pinnen. Es ist ein ziemlicher FAIL junge gegen alte Menschen aufzuspielen, und sowas kann schnell gefährlich werden, vor allem wenn es sich um eine bereits diskriminierte Gruppen von Menschen handelt. Stoppt das Altersbashing.

Abgesehen von den sozialen Folgen, mathematisch gesehen machen wir es uns zu einfach wenn wir die Abstimmung von älteren Menschen gegenüber jüngeren Menschen analysieren. Genau so wie es irrelevant ist welche Augenfarbe die Menschen hatten, die dafür oder dagegen gestimmt haben. Es kann gut sein, dass es sich hier um eine „Scheinkorrelation“ handelt: wenn zwei Dinge statistisch miteinander zusammenhängen, neigt man dazu, sie als Ursache und Wirkung zu interpretieren. Doch das kann ein Irrtum sein. Sorry fürs flexen. Es ist simpel: Leute die eher EIGENE Vorteile von der Innenstadtstrecke hatten, haben dafür gestimmt, Leute die eher PERSÖNLICHE Nachteile hatten, dagegen. Das ist nicht sehr nice. Unabhängig davon, welche gesamtgesellschaftliche Vorteile für Menschen in Tübingen, außerhalb Tübingen und vor allem zukünftige Generationen gegeben hätte. Es ist schade, dass wir sie nicht fragen konnten…

Jetzt sind die Ergebnisse der Befragung da, jetzt habt ihr eine closure. Vergiss die Innenstadtstrecke and move on already. Jetzt ist nicht mehr die Zeit traurig darüber zu sein sondern eine Alternativ endlich zu planen und zu machen. There are plenty of fish in the sea. Safe finden wir eine gute, schnelle, umweltfreundlichere Alternative (Herz Finger). Props gehen raus an alle Ehrenfrauen und Ehrenmänner, die dafür gestimmt haben.

Als relativ junge Person hier im Rat muss ich kurz die jungen Leute verteidigen für die geringe Teilnahme. Dass junge Leute sich weniger politisch einbringen liegt einerseits daran, dass Verwaltungssprache viel zu kompliziert ist, solche Themen zu komplex sind um sie in kurzer Zeit ausreichend zu vermitteln und es ist die Folge eines strukturellen Problems. Es hat den gleichen Grund warum hier im Rat der Altersdurchnitt auch viel höher ist, als in der Tübinger Bevölkerung: die, die kein Erbe bekommen haben, also die meisten von uns, versuchen zu überleben durch ein spät kapitalistisches System mit horrende Mieten. Die wenigsten haben Zeit für Hobbies, Ehrenämter oder Politik, neben Familie und Job. Und wenn wir uns einbringen, werden wir nicht Ernst genommen, wie ich häufig bei der Berichterstattung und hier im Gemeinderat persönlich erleben musste.