Stellungnahme Aufnahme fliehende Menschen aus der Ukraine

Ich bin froh, dass alle Fraktionen im Gemeinderat und Verwaltung sich solidarisch mit den fliehende Menschen aus der Ukraine zeigen. 

Es ist beeindruckend und schön zu sehen, dass jetzt kurzfristig Spenden, Hilfsgüter, Unterkünfte, Transport und politische Aufnahmebereitschaft so schnell von allen Menschen organisiert werden konnte. Krass, selbst die Hotels in Tübingen bieten kostenlose Zimmer für diese Menschen an. Einige Gruppen haben sie zuvor angefleht, dasselbe zu machen für die Menschen in den schrecklichen Lager an den Grenzen der EU, während der Coronapandemie, in der die Zimmer sowieso leer waren und es kam nicht mal eine Antwort. 

Es ist schlimm, dass so viele Menschen ihr Zuhause plötzlich verlassen müssen, fliehen müssen, auf Hilfe angewiesen sind, von ihrer Familie und Freund*innen getrennt werden, keine/wenige Zukunftsperspektive haben, auf einmal wie Fremde behandelt werden und dass sie dort wo sie Schutz brauchen rassistische diskriminiert werden. Es ist aber auch schlimm, dass viele Menschen in Deutschland/EU das erst jetzt verstanden haben, ernst nehmen und dementsprechend handeln, vielleicht weil es sich um hauptsächliche weiße Menschen diesmal handelt? Ich bin froh über diese radikale Verhaltensveränderung der EU/Deutsche Innenministerium gegenüber flüchtenden Menschen aber gleichzeitig wütend, dass es bei nicht-weiße/nicht-europäische Menschen keine solche umfassende Solidarität gab.

Am deutlichsten brachte der bulgarische Ministerpräsident Kiril Petkov die menschenverachtende und ekelige rassistische Unterscheidung zwischen Willkommenen und Nicht-Willkommenen Geflüchteten zum Ausdruck: die Menschen aus der Ukraine seien „nicht die Flüchtlinge, die wir gewohnt sind“, sagte er gegenüber der Presse. „Sie sind Europäer, intelligente und gebildete Leute, einige von ihnen sind sogar IT-Spezialisten. Kein europäisches Land hat Angst vor ihnen.“ (Interessant, ich habe Angst vor Rassist*innen, wie er).

Es hat sich gezeigt, dass wenn der politische Wille da ist, schnelle und unbürokratische Hilfe doch möglich ist. Wir haben anscheinend doch Platz und Geld in der EU/Deutschland. All die Begründungen der letzten Jahre, warum Schutzsuchende Menschen nicht geholfen werden konnten, waren Lügen. Es war kein politischer Wille da, diesen Menschen zu helfen. 

Ich frage mich auch, ob wir jetzt über die fliehende Menschen an den EU Grenzen, die wie schwere Straftäter*innen behandelt, jahrelang in Lagern eingesperrt, mit Stacheldrahtzäunen ohne die Möglichkeit auf einen Asylantrag oder auf Weiterreise, reden, ob wir über die tausenden Menschen, die an den EU-Außengrenzen weiterhin sterben/zum sterben gelassen werden helfen, ob wir allen Menschen einen sicheren Transport in die EU endlich anbieten, statt sie wochenlang auf Schiffen ausharren zu lassen, ob wir den Menschen helfen einen Asylantrag zu stellen, anstatt sie gewaltsam an den EU-Außengrenzen mit Tränengas und Pfefferspray an der Einreise in die EU zu hindern… 

Ich hoffe, dieses Mal war es das letztes Mal, dass ich unsere krasse unmenschliche Behandlung gegenüber fliehende Menschen aufzählen musste, weil ab jetzt Menschen wie Menschen behandelt werden. Leider sortiert gerade die Bundespolizei in der deutsch-polnischen Grenze people of color aus den Zügen. Ukrainischen Staatsbürger*innen bekommen unbürokratisch für zunächst ein Jahr befristeten Schutz, ohne Durchlaufen eines aufwändigen Asylverfahrens, Menschen mit anderen Pässen bleiben allerdings außen vor…

Jeder Mensch hat das Recht vor Krieg, Gewalt, Armut, Verfolgung und Hungersnot zu fliehen! Wir haben Platz und wir wollen endlich Solidarität mit ALLEN Menschen auf der Flucht!

Und für die, die jetzt denken “musst du immer so sauer sein, kannst du nicht mal dankbar sein?” Muss man jetzt ach so dankbar sein dafür, dass endlich mal menschlich gehandelt wird? Das sollte selbstverständlich sein. Deswegen muss man sich jetzt nicht gegenseitig auf die Schulter klopfen. Außerdem, die die sich gerade auf die Füße getreten fühlen sind ganz bestimmt nicht die Leute, die sich für z.B. syrische Geflüchtete eingesetzt haben.