Newsletter Januar 2022

Die FRAKTION – PARTEI, DiB, Huhn

David Hildner, Dr. med. Sara Cristina da Piedade Gomes,
Samantha Hilsdorf

Newsletter Januar 2022

BARRIEREFREIE BÜRGERAPP
Apps der öffentlichen Hand müssen seit Sommer 2021 barrierefrei gestaltet werden – Die Bürgerapp war dies bisher jedoch nicht. Bereits im Juli des letzten Jahres haben wir das als FRAKTION beantragt. Damals wurde
uns gesagt dies würde 50.000€ kosten und das Anliegen wurde abgelehnt. Nun hat die Stadt ein neues Angebot eingeholt und die Kosten fallen fast fünfmal geringer aus als im Sommer erwartet. Es ist schön zu sehen, dass digitale Barrierefreiheit nun als wichtiges Anliegen gesehen wird und unser Antrag Früchte getragen hat. Teilhabe an digitalen Angeboten, vor allem solchen der Meinungsfindung, muss allen Bürger*innen zugänglich sein. Nicht nur einfache Sprache, sondern auch Vorlesefähigkeit durch Screenreader, anpassbare Textgröße und Grafiken gehören zur Barrierefreiheit dazu. Wir können gespannt sein, wie sich die Bürgerapp weiterentwickelt.

DIE ZEHN GRÖSSTEN BRUCHBUDEN TÜBINGENS – NUMMER 7 HAT UNS ÜBERRASCHT!

Die Stadtverwaltung hat, auf Antrag von AL/Grüne (513/2021), eine Übersicht über die städtischen Gebäude und deren Sanierungszustand erstellt. Damit
einher geht das „Konzept 2030“, ein Plan, um “bis 2030 die wesentlichen baulichen und energetischen Konsolidierungsmaßnahmen durchzuführen, um danach die Gebäude wirtschaftlicher, länger und mit deutlich reduziertem CO2-Ausstoß zu betreiben.“ Die größten Ruinen sind das Feuerwehrhaus Lustnau, der Bereich der Güterhalle, die Grundschule Winkelwiese und die Anlagen des SV03. Die restlichen Gebäude sind
in Vorlage 29/2022 unter
https://www.tuebingen.de/gemeinderat/vo0050.php?__kvonr=16315&voselect=7394 zu finden. Neben der Bewertung (baulich, energetisch,
nutzungsspezifisch) des Zustandes der Immobilien sind in der Liste auch Beschreibungen der nötigen Baumaßnahmen und der anvisierte Zeitplan gelistet.
Wenn Ihr Euch also schon länger gefragt haben solltet, wann diese städtische Ruine in Eurer Nachbarschaft eigentlich saniert oder wenigstens abgerissen wird – hier könnt ihr es nachlesen. Viel Spaß.

DIE FRAKTION BLEIBT STABIL
Jeden Montag treffen sich auch in Tübingen Menschen zu sogenannten Spaziergängen. Diese tarnen sich als unpolitisch, wobei sie das Gegenteil sind. Hier mischen sich Corona-Frustrierte, Querdenker*innen, Reichsbürger*innen, Neonazis und AfD-Fans. Es gibt Bereitschaft mit Rechtsextremen zu kooperieren, die Wissenschaft wird geleugnet und Verschwörungsideologie verbreitet, indem in rassistischer Manier Sündenböcke erfunden werden und gegen Minderheiten gehetzt wird!

Dabei gehören die Menschen, die unter anderem aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Sexualität, ihres Alters, einer Behinderung sowie im Zuge von Rassismus und Klassismus ausgesetzt sind überall zu den Hauptverlierer*innen der Corona-Pandemie. Die Kommunikation mit Ämtern und Behörden, vor allem ohne persönliche Gespräche, sowie Anträge online auszufüllen ohne Computer, Drucker oder Scanner zur Hand zu haben, erschwert die Lage von Migrant*innen. Dabei sind sie von Behörden stark abhängig um zum Beispiel Aufenthaltserlaubnis und Sozialhilfen zu
bekommen. Außerdem sind Migrant*innen statistisch stärker durch die Corona Pandemie von Arbeitslosigkeit betroffen, da sie häufig in der Gastronomie, in Hotels oder als Reinigungskraft gearbeitet haben, oft in
prekären Arbeitsverhältnissen. Sozial Benachteiligte, insbesondere Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und People of Color, haben
ein deutlich höheres Infektionsrisiko, da diese Menschen häufiger in Berufen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko tätig sind, sie arbeiten überproportional häufig in der Pflege und im Gesundheitssystem. Viele davon können daher nicht von zu Hause aus arbeiten. Dazu sind sie gezwungen in ärmeren Wohnverhältnissen mit vielen Menschen auf engem Raum zu leben.


Die Krise zeigt wie unter einem Brennglas, wie sehr unser derzeitiges Wirtschaftssystem die Ungleichheit vertieft. Das Vermögen der zehn reichsten Männer der Welt ist seit Februar 2019 – trotz der Pandemie – um fast eine halbe Billion US-Dollar auf 1,12 Billionen US-Dollar gestiegen. Dieser Gewinn wäre mehr als ausreichend, um die ganze Weltbevölkerung gegen
Covid-19 zu impfen und sicherzustellen, dass niemand durch die Pandemie in die Armut gestürzt wird. Einige der größten Konzerne der Welt schütteten auch in Zeiten der Krise Milliardengewinne an die Aktionär*innen aus. Zu den Gewinner*innen der Pandemie zählen auch die großen Pharmakonzerne, die
die Impfstoffe mit riesigen Gewinnen hauptsächlich an reiche Industriestaaten liefert. Natürlich muss der wissenschaftliche Erfolg und enorme Einsatz angemessen honoriert werden. Jedoch wäre es mittlerweile mehr als an der Zeit, die Patente freizugeben bzw. mindestens kostenfreie Lizenzen an Länder im globalen Süden zu vergeben, um die Impfstoffe einer maximalen Anzahl von Menschen zugänglich zu machen. Gleichzeitig sehen wir Politiker*innen, die sich an dieser Krise, durch zum Beispiel Maskendeals bereichern, große Konzerne bekommen riesige Hilfspakete aus Steuergeldern, während viele Menschen in Armut leben. Freizeit-Lockdowns bei vollem Arbeitsbetrieb und ebenso vollem Nahverkehr und über ihre Grenzen belastete Menschen (hauptsächlich Frauen, oft Migrantinnen) in der Pflege und Care Arbeit, Tätigkeiten, die zwar als „systemrelevant“ gelten, aber schlecht oder unbezahlt sind und wenig Wertschätzung erfahren. Wegen geschlossener Kitas und Schulen sowie steigender Krankenzahlen wuchs sogar der Bedarf und stieg die Belastung durch unbezahlte Care Arbeit.
Es gibt also einiges zu kritisieren an den jetzt deutlich sichtbaren Folgen des Kapitalismus und an dem Krisenmanagement der Pandemie. Das tun wir nicht, indem wir eine gefährliche Krankheit leugnen und das tun wir ganz sicher auch nicht Hand in Hand mit Nazis. Zusätzlich zu den Lehren aus der Geschichte, über das was passiert wenn man rechtes/rassistisches
Gedankengut toleriert bzw. unterstützt, wollen rechte Ideologien niemals die extreme Ungleichheit, Armut und strukturelle Diskriminierung vieler Gruppen endlich bei der Wurzel packen, da sie davon profitieren. Das tun wir also in Solidarität mit denen, die besonders unter der aktuellen Corona-Krise leiden: den Kranken, die Menschen in Gesundheitsberufen, Menschen in
Armut, Frauen, people of color und und anderen historisch marginalisierten und unterdrückten Gruppen, die viel härter die Konsequenzen der Pandemie spüren, denen, die ihre Jobs verloren haben, den Jugendlichen, die keine Orte mehr haben, um sich aufzuhalten und allen anderen, die von einer aus wenigen reichen und mächtigen, weißen, zumeist männlichen Personen
bestehende Gruppe auch schon vor der Pandemie
ausgebeutet wurden!

FREIE SOFTWARE IN DER STADTVERWALTUNG

In den Haushaltsverhandlungen 2021 haben wir ein „Open Source Gutachten“ für 20.000 € verhandelt. Ziel sollte es sein, zu überprüfen, an welchen Stellen die Stadtverwaltung einfach und unkompliziert auf freie
Software-Alternativen zu gängigen proprietären Lösungen zurückgreifen kann. Die Nutzung von freier Software in der Verwaltung bringt einige Vorteile mit sich. Zunächst einmal sind freie Softwarelösungen oft
kostenlos oder zumindest günstiger als die teuren Lösungen von Microsoft und Co. Des Weiteren sind sie sicherer, da ihr Code frei zugänglich und somit leichter auf Fehler und Sicherheitslücken überprüfbar ist. Wenn der Code nicht einsehbar ist, müssen sich die Anwender:innen darauf verlassen, dass die Hersteller sauber gearbeitet haben und alle Fehler selbst entdecken (was oft genug nicht funktioniert). Der letzte große Vorteil von freier Software in der Verwaltung ist die Vermeidung des “Locked-In-Effekts”. Dieser Effekt
beschreibt das Phänomen, dass man eine Organisation ganz auf einen einzigen Anbieter ausrichten muss, weil die Software nicht mit anderen Programmen oder Betriebssystemen kompatibel ist. Die Apple-Nutzer:innen kennen das.

Bei Verwaltungen geht es allerdings meisten um die Abhängigkeit von Microsoft Windows, Microsoft Office und Microsoft Outlook. Wenn man sich mal mit einem System eingerichtet hat, wird es immer schwerer andere, möglicherweise bessere und günstigere Systeme einzusetzen, weil diese immer mit den „Standards“ von Microsoft kompatibel sein müssen. Entgegen unserer Erwartungen wurde der Vorschlag angenommen, landete im Haushalt und wurde von der Verwaltung erarbeitet. Dabei stellte sich heraus, dass die IT der Verwaltung deutlich weiter war als wir erwartet hatten. Es werden immer noch Outlook und MS-Office eingesetzt, auch wird der virtuelle Arbeitsplatz von Citrix genutzt, beides sehr teure Produkte deren Code nicht einsehbar ist und die in der Vergangenheit immer wieder durch Sicherheitslücken aufgefallen ist. Zu unserer Freude setzt die Verwaltung jedoch bereits an vielen Stellen, hinter den Kulissen, auf freie Software. So
werden Webserver mit Apache betrieben, Proxys mit Nginx, Thin Clients laufen mit Linux und Datenbanken sollen auf PostgreSQL umgestellt werden. Die ganze Aufstellung kann der Vorlage 353/2021 https://www.tuebingen.de/gemeinderat/vo0050.php?__kvonr=16210&voselect=7396 entnommen werden.

OFFENE FRAKTIONSSITZUNG

Ihr wollt selbst einmal sehen, wie wir unsere Fraktionssitzung gestalten, worüber wir reden oder einfach mal Live dabei sein? Dann kommt in unsere offene Fraktionssitzung, diese findet einmal im Monat statt und jede*r die*der Interesse hat kann teilnehmen. Termine findet ihr auf unserer Website, bei der ihr euch auch gleich anmelden könnt, eine Anmeldung ist wichtig, da wir uns nicht immer in den gleichen Räumlichkeiten treffen. www.fraktion-tuebingen.de
Wir freuen uns auf euch!

Wir hoffen ihr hattet ein schönes Weihnachtsfest, Wintersonnenwende, oder was ihr sonst feiert oder nicht feiert und wünschen Euch ein paar entspannte Tage und einen guten Start in das neue Jahr.

Euer Samantha, David und Sara