Aufnahme von Geflüchteten
In enger Kooperation mit den Organisationen: Seebrücke Tübingen, Bündnis Bleiberecht, Gesellschaft Kultur des Friedens, Flüchtlingskreise im Kreis Tübingen, Fluchtpunkte e.V. Tübingen, AK Asyl Südstadt, Frauenverband Courage Tübingen beantragen wir:
- Die Stadt Tübingen setzt sich gegenüber dem Land Baden-Württemberg und der Bundesregierung für die Einrichtung neuer bzw. die deutliche Ausweitung bestehender Programme zur legalen Aufnahme von Flüchtenden ein und bietet dazu selbst zusätzliche Aufnahmeplätze an:
a. Die Stadt Tübingen fordert die Regierung des Bundeslandes Baden-Württemberg auf, ein eigenständiges humanitäres Aufnahmeprogramm für Flüchtende gem. § 23 Absatz 1 AufenthG einzuführen und damit Flüchtenden die legale Einreise nach Deutschland und einen legalen Aufenthalt zu ermöglichen.
b. Die Stadt Tübingen fordert die Regierung des Bundeslandes Baden-Württemberg und die Bundesregierung auf, im Rahmen des Resettlements gem. § 23 Absatz 4 AufenthG und anderen Programmen der legalen Aufnahme von Flüchtenden dauerhaft und verlässlich erheblich höhere Aufnahmequoten als bisher zu vereinbaren. Nur so kann Deutschland seiner Verantwortung nachkommen, Menschen die Flucht auf gefährlichen illegalisierten Wegen ersparen.
c. Die Stadt Tübingen bietet der Bundesregierung und dem Bundesland BadenWürttemberg unverzüglich 20 zusätzliche Aufnahmeplätze für besonders hilfsbedürftige Personen wie Familien mit Kindern in prekären humanitären Situationen in den griechischen Lagern an und sichert deren Unterbringung und Versorgung in Einrichtungen im Stadtgebiet zu, und zwar über die gesetzliche Verpflichtung hinaus.
d. Die Stadt Tübingen bietet der Bundesregierung und dem Bundesland BadenWürttemberg unverzüglich 10 zusätzliche Aufnahmeplätze für unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus der griechischen Lagern an und sichert deren Unterbringung und Versorgung in Einrichtungen im Stadtgebiet zu, und zwar über die gesetzliche Verpflichtung hinaus.
e. Zudem setzt sich die Stadt Tübingen über das Land für die Streichung des Satzes 3 des § 23 Abs. 1 AufenthG ein, wodurch die Zustimmungserfordernis des Bundes für eine Flüchtlingsaufnahme entfiele.
f. Die Stadt Tübingen fordert die Einführung einer eigenständigen Norm zur kommunalen Aufnahme entsprechend dem § 23 Abs. 1 AufenthG zur eigenständigen Aufnahme durch die Länder.
g. Die Stadt Tübingen positioniert sich öffentlich gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung auf dem Mittelmeer und teilt dies den zuständigen Ministerien mit.
2. Die Stadt Tübingen sorgt für ein langfristiges Ankommen, indem alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung, zur Verfügung gestellt werden.
3. Die Stadt Tübingen sucht aktiv Verbündete unter den anderen 25 Städten und Landkreisen in Baden-Württemberg, die sich zum Sicheren Hafen erklärt haben (darunter die Stadt Rottenburg und seit kurzem auch der Landkreis Tübingen), um gegenüber der Landeregierung auf ein eigenständiges Landesaufnahmeprogramm hinzuwirken. Sowohl das Grundgesetz als auch das einfache Recht gewähren den deutschen Bundesländern substanziellen Spielraum, Maßnahmen zur Aufnahme von Geflüchteten aus humanitären Notlagen zu ergreifen. (Vgl. Rechtliche Stellungnahme von Dr. Ulrich Karpenstein und Dr. Roya Sangi, M.A.: Aufnahme von Flüchtenden aus den Lagern auf den griechischen Inseln durch die deutschen Bundesländer – Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen). Das Land Niedersachen hat dementsprechend bereits die Aufnahme eines Kontingents angeboten.
4. Die Stadt Tübingen lässt es nicht zu, dass die weltweite Corona-Pandemie als Ausrede für einen Aufnahmestopp genutzt wird und setzt sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, dass diese auch von der Bundespolitik nicht weiter genutzt werden kann. Wenn Deutschland Erntehelfer*innen und Tourist*innen aus der ganzen Welt einfliegen lassen kann, dann muss dies auch bei schutzbedürftigen Menschen möglich sein. In jeglicher Kommunikation bringt die Stadt Tübingen dies zum Ausdruck.
Begründung:
Mit Gemeinderatsbeschluss vom 2. Mai 2019 erklärte sich die Universitätsstadt Tübingen mittels einer selbstverpflichtenden Erklärung zum Sicheren Hafen. Damit solidarisiert sich die Stadt Tübingen öffentlich mit schutzsuchenden Menschen und den Zielen der Seebrücke (Vorlage 506/2019). Dieser Beschluss wurde am 28. November 2019 vom Verwaltungsausschuss zusätzlich bekräftigt durch einen Beitritt der Stadt zum bundesweiten Städtebündnis „Sichere Häfen“.
Seit Monaten leben tausende Menschen auf engstem Raum unter menschenunwürdigen Umständen auf verschiedenen griechischen Inseln. Die Menschen haben zu großen Teilen traumatische Erlebnisse in Kriegsgebieten und auf der Flucht selbst hinter sich. Viele von ihnen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, also besonders schutzbedürftig. Heute, in diesem Moment, befinden sich weitere tausende schutzsuchende Menschen im Grenzgebiet zu Griechenland, auf Land sowie auf See und werden gewaltvoll, mittels Tränengases und Schallpatronen, mit Stacheldrahtzaun und Soldat*Innen davon abgehalten, menschenrechtskonform einen Asylantrag stellen zu können.
Die Situation in den überfüllten Lagern ist katastrophal, es fehlt an allem – von medizinischer Hilfe bis zu hygienischer Grundversorgung. Gefangen und isoliert auf den Inseln sind die Menschen der CoronaPandemie schutzlos ausgeliefert. Nach zähen Verhandlungen wurden nun endlich knapp 50 Kinder aus Griechenland nach Deutschland geholt. Das ist ein Anfang – aber die Zahl ist angesichts der Realität in den Lagern beschämend. Die Menschen dort müssen evakuiert werden.
Mit diesem Antrag fordert der Gemeinderat die Verwaltung auf zu handeln und ihre Bereitschaft zu erklären, weitere schutzsuchende Menschen aufzunehmen lautstark zu übermitteln und somit den Druck auf die Bundesregierung zum Handeln erhöhen. Wir lassen der damals getroffenen Absichtserklärung Taten folgen! Wir wünschen uns, dass diese Entscheidung mehr ist als ein symbolischer Akt.
Status des Antrags: abgelehnt, bei 5 Ja-Stimmen, dafür wurde der Interfraktionelle Antrag beschlossen, bei dem wir auch mitunterschrieben haben.