Schöne Formen des Genderns
Lieber Bürger,
Ein Gespenst geht um. Es ist das Gespenst der geschlechtergerechten Sprache. Existiert hat es schon lange, aber relevant scheint es erst jetzt geworden zu sein, da es die Wirklichkeit des Mittelstandsmannes erreicht.
Einige Menschen verwehren sich dem Gendern, weil sie meinen, es schade der Ästhetik der deutschen Sprache. Dabei ist fraglich, ob einer Sprache, die Worte wie „Brustwarze“ und „Fleischwurst“ zulässt, überhaupt noch zu schaden ist. Selbst Teile der freien Presse (z. B. die dpa) lehnen es ab, was die kuriose Folge hat, dass Kolumnen von Kommunalpolitikern angepasst werden müssen, sollten diese ihre Texte gendern.
Dabei gibt es so viele schöne Formen des Genderns.
Zuerst wäre die Doppelnennung anzuführen. “Liebe Bürgerinnen und Bürger…“ ist ein hervorragender Einstieg in jede Kolumne. Eine kürzere Variante ist das „Binnen-I“ (“Liebe BürgerInnen…“). Wollte man zusätzlich anerkennen, dass sich nicht alle Menschen in die Kategorien „männlich“ und „weiblich“ einordnen lassen, so könnte man diesem Raum zwischen den Geschlechtern mit einem Unterstrich Rechnung tragen. „Liebe Bürger_innen…“, wäre dann der Beginn unseres hypothetischen Beitrages.
Wer vom Unterstrich eher an eine Zahnlücke erinnert wird, könnte ein „Sternchen“ verwenden und wer findet, dass das ganze auch noch gut von Screenreadern zu lesen sein sollte, sollte den Doppelpunkt nutzen. Der Text würde dann mit „Liebe Bürger*innen…“ oder „Liebe Bürger:innen…“ beginnen.
Eine ehrenvolle Erwähnung soll das substantivierte Partizip Präsens (z. B. Studierende) erhalten, denn es kann oft eine elegante Lösung sein. „Liebe Bürgende…“ wäre allerdings irreführend.
Außerdem kann der letzte Wortteil durch „-is“ ersetzt werden. „Liebe Bürgis…“ klingt allerdings etwas zu niedlich für meinen Geschmack.
Sie sehen also, lieber Bürger, es gibt sehr viele Möglichkeiten, um sprachlich zu zeigen, dass man akzeptiert, dass es Geschlechter neben dem männlichen gibt.
Selbstverständlich kann man die Formen auch wild mischen und so gänzlich für Verwirrung sorgen.Könnte man, wäre es einem denn erlaubt.