Beschluss:
- Die Stadt Tübingen unterstützt den PBT, wie bereits 23 andere Städte weltweit.
- Die Stadt Tübingen schreibt im Namen des Gemeinderates und der Stadtverwaltung Tübingen das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz an, um die Bundesregierung aufzufordern, den PBT zu unterstützen und mit den anderen Staaten der Erde geeignete Maßnahmen für eine Agrar- und Ernährungswende hin zu einem nachhaltigen pflanzenbasierten Ernährungssystem zu beschließen.
- Die Stadt ermittelt und berechnet die verbrauchsbedingten Treibhausgasemissionen innerhalb der Stadtgrenzen und aktualisiert den städtischen Klimaaktionsplan, um pflanzliche Lebensmittel zu einem Kernstück der städtischen Klimapolitik zu machen.
- Die Stadt Tübingen beschließt, dass bei allen Sitzungen und Veranstaltungen der Stadtverwaltung ausschließlich pflanzliche Lebensmittel angeboten werden und, wenn möglich, von einem lokalen Anbieter, der nachhaltige pflanzenbasierte Zutaten verarbeitet.
- Die Stadt Tübingen beschließt, dass alle Veranstaltungen von der Stadtverwaltung organisiert genutzt werden, um angemessen umweltfreundliche pflanzliche Lebensmittel und Getränke zu fördern und bereitzustellen, sowie Informationen über die Klima- und Gesundheitsvorteile und die relativen Kosten verschiedener Proteinquellen aufzuzeigen und die Menschen darüber zu informieren, wie sie sich ausgewogen pflanzlich ernähren können.
- Die Stadt Tübingen stellt durch Genehmigungsauflagen sicher, dass bei Veranstaltungen auf städtischen Freiflächen, bei denen Verpflegung angeboten wird, mindestens 50% der Anbieter umweltfreundliche pflanzliche Optionen anbieten.
- Die Stadt Tübingen führt in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen öffentliche Interventionskampagnen wie Veggie-Tage, Veganuary oder Greener by Default durch und prüft die Möglichkeit, eine pflanzliche Aktionswoche einzuführen.
- Die Stadt Tübingen nutzt die Kommunikationskanäle der Stadtverwaltung zur Förderung nachhaltiger (und erschwinglicher) Ernährungspraktiken in der gesamten Stadt, einschließlich Einzelheiten zu den Klima- und Gesundheitsvorteilen von pflanzlichen Lebensmitteln und zur Aufklärung der Menschen über die besten Wege zu einer ausgewogenen pflanzlichen Ernährung.
- Die Stadt fördert in Zusammenarbeit mit Gruppen in der ganzen Stadt die Einrichtung neuer und geeigneter Gemeinschaftsgärten und Obstgärten. Sie identifiziert brachliegende Flächen, damit diese wieder einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden können, für den Anbau von preiswerten und zugänglichen pflanzlichen Lebensmitteln für die Gemeinschaft.
- In Zusammenarbeit mit Gruppen fördert die Stadt die Einrichtung von Saatgutverteilzentren, um den Eigenanbau zu fördern und den Zugang zu frischem Obst und Gemüse zu verbessern.
- Die Stadtverwaltung sondiert die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen zur Einrichtung einer speziellen pflanzlichen Lebensmittelbank/Foodsharing in Tübingen.
- Der Anteil der fleischfreien bzw. pflanzenbasierten Verpflegung in Schulen und Kindertagesstätten wird erhöht.
- Die Stadtverwaltung vermittelt bestehende und entwickelt ggf. eigene Informationskampagnen, die junge Menschen für die Auswirkungen ihrer Lebensmittelauswahl auf Umwelt, Gesundheit und Tierschutz sensibilisieren sollen.
- Die Stadtverwaltung führt städtische Kampagnen durch, mit denen Cafés und Restaurants aufgerufen werden, Pflanzenmilch statt Kuhmilch als Standard einzuführen, um ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
- Die Stadtverwaltung fordert die Universität der Stadt Tübingen auf, den Plant Based Treaty zu unterstützen, und diskutiert mit ihr über die Möglichkeit, rein pflanzliche Speisen in den Mensen als Standard anzubieten.
- Die Stadtverwaltung erstellt einen Aktions- und Zeitplan zur Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen sowie zur regelmäßigen Berichterstattung über die Fortschritte.
- Die Stadtverwaltung leitet eine Kopie dieses Antrags an den Deutschen Städtetag weiter, um die Mitgliedsstädte um Unterstützung zu bitten.
- Die Stadtverwaltung leitet eine Kopie dieses Antrags an unsere aktiven Partnerstädte weiter, um sie um Unterstützung zu bitten.
Begründung:
Weltweit rufen Städte und Gemeinden den Klimanotstand aus und bemühen sich kommunale Beschlüsse unter Berücksichtigung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu fassen und ihren Teil dazu beizutragen, die globale Erhitzung auf 1,5 Grad und möglichst unter 2 Grad zu begrenzen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Prognosen des Weltklimarates machen deutlich, dass entschlossene Maßnahmen notwendig sind, um den Auswirkungen der Klimakatastrophe wirksam entgegenzuwirken.
Mit dem Klimaschutzprogramm 2023 hat Deutschland sich verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 65% zu senken und bis 2045 klimaneutral zu werden. Auch Tübingen möchte klimaneutral bis 2030 werden.
Auch das Artensterben ist eine große Bedrohung für das Ökosystem Erde und damit unser Leben in Zukunft. Mit der “Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt” strebt die Bundesregierung die Umsetzung internationaler Vereinbarungen zum Schutz der Biodiversität in Deutschland an. Sie bezieht alle gesellschaftlichen Akteure, und damit auch Kommunen, mit ein.
Laut Umweltbundesamt trug die Landwirtschaft 2022 mit 76% zu den deutschen Methanemissionen bei. Innerhalb dieses Sektors ist insbesondere die Tierhaltung die Hauptquelle für dieses sehr wärmewirksame Treibhausgas. Im weltweiten Durchschnitt verursacht die Tierhaltung durch Gülle sowie die Verdauung der wiederkäuenden ‘Nutztiere’ rund 32% der menschengemachten Methanemissionen.
Laut dem “Global Methane Assessment” der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2021 sind bis 2030 Methanreduzierungen von 45% erforderlich, um bis 2045 einen Temperaturanstieg um 0,3 °C zu vermeiden. Da Methan ein recht kurzlebiges Treibhausgas ist, kann dessen Reduktion die globale Erwärmung kurzfristig abbremsen und uns so Zeit verschaffen, die wir benötigen, um das sehr viel langlebigere Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre zu binden.
Laut Chatham House im Auftrag des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) ist das weltweite Ernährungssystem der Haupttreiber für den rasanten Artenverlust, der sich ohne Agrarwende weiter beschleunigen wird. Dies liegt insbesondere an dem enormen Flächenbedarf der Tierhaltung und der damit verbundenen Zerstörung von Ökosystemen.
Laut der bisher umfassendsten Metastudie der Oxford University über die Auswirkungen des weltweiten Ernährungssystems auf Klima, Umwelt und Artenvielfalt dienen 83% der Agrarflächen in Form von Tierfutter und Weideland der Herstellung von Tierprodukten, welche aber nur 18% der weltweit verzehrten Kalorien liefern. Umgekehrt werden 82% der weltweit verzehrten Kalorien auf nur 17% der Agrarflächen in Form von pflanzlichen Lebensmitteln für den direkten menschlichen Verzehr hergestellt.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, DGE, hat unter Bezugnahme der Auswirkungen auf Gesundheit, Klima und Umwelt die Empfehlungen für den Konsum von Tierprodukten deutlich gesenkt. So heißt es in der Einleitung zu den neuen Empfehlungen: “Bunt und gesund essen und dabei die Umwelt schonen, das sind die DGE-Empfehlungen. Wer sich überwiegend von Obst und Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten sowie Nüssen und pflanzlichen Ölen ernährt, schützt nicht nur seine Gesundheit, sondern schont dabei die Ressourcen der Erde.”
Die globale Kampagne Plant Based Treaty (PBT) ist angelehnt an den bekannten Fossil Fuel Treaty und fordert die Regierungen der Welt auf, die Notwendigkeit einer sicheren und fairen, pflanzenbasierten Agrar- und Ernährungswende anzuerkennen und deren Umsetzung auszuhandeln. Der PBT zielt darauf ab, die weitere Expansion der Tierindustrie und die Zerstörung von Ökosystemen durch diese zu stoppen, die Transformation hin zu einer pflanzenbasierten Landwirtschaft zu fördern und die Wiederaufforstung und Renaturierung kritischer Ökosysteme aufzunehmen, um dem Klima- und Artenschutz zu dienen.
Mit Maßnahmen, die den Zugang zu und Konsum und Herstellung von pflanzenbasierten Lebensmitteln fördern, kann die Stadt Tübingen dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der weltweiten Tierprodukteindustrie auf die Klimakatastrophe, das Artensterben und zahlreiche weitere Planetare Belastungsgrenzen abzumildern und die konsumbedingten Emissionen der Stadt Tübingen zu senken.
Beispiele bisheriger unterstützende Städte:
- Amsterdam, Niederlande
- Edinburgh, UK, plus Implementierungsplan
- Exmouth, UK
- Norwich, UK
- Lambeth, UK
- Haywards Heath, UK
- Los Angeles, USA