Mittwochspalte 24.03.2021

Periodenarmut in Tübingen beenden

Jeden einzelnen Tag menstruieren etwa 800.000.000 Menschen weltweit. Keine* davon hat es sich selbst so ausgesucht. Ich bin eine davon. Aber im Gegensatz zu Millionen von menstruierenden Personen habe ich das Glück, dass dies für mich kein finanzielles Problem darstellt. Die Kosten eines Periodenlebens sind ca. 7000€, was dazu führt, dass weltweit mindestens 500.000.000 Menschen von Periodenarmut betroffen sind. Einen großen Teil davon machen z.B. einkommensschwache und obdachlose Menschen aus. Also Menschen, die auch schon mit anderen Umständen zu kämpfen haben. Auch fehlender Zugang zu sanitären Einrichtungen, aber auch unzureichende Informationen und mangelnde Unterstützung kann Teil von Periodenarmut sein.

Was das alles mit Tübingen zu tun hat? Auch hier bei uns gibt es Menschen, die sich die Menstruation schlicht nicht leisten können. Es wird improvisiert (und das kann ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen haben z.B. durch zu lang genutzte Periodenprodukte oder das Verwenden von dreckigem Stoff, Zeitung oder Papier) oder gleich die Öffentlichkeit gemieden. Schottland hat es vorgemacht und in einigen deutschen Städten ist die Diskussion dazu in vollem Gange, endlich allen Bürger*innen kostenlosen Zugang zu Tampons und Binden zu ermöglichen. In den nächsten Wochen entscheidet der Gemeinderat genau über solch eine Maßnahme, sodass zumindest menstruierende Personen in unserer Stadt Menstruationsgerechtigkeit erfahren können. Natürlich wünsche ich mir, dass dieser Antrag eine Mehrheit erhält, aber eines hat er so oder so bereits erreicht: Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass Periodenarmut existiert und bekämpft werden muss. 

Zeitgleich haben wir im Gemeinderat die Möglichkeit eine andere Ungerechtigkeit zumindest zum Teil zu beenden. Das Recht auf freie Entscheidung für oder gegen die Gründung und Planung einer Familie sowie das Recht zu entscheiden, ob, wie und wann Kinder geboren werden sollen, ist ein wichtiges Menschenrecht und sollte nicht von den finanziellen Möglichkeiten abhängig sein. Daher sollen Kondome in Kneipen und Bars sowie geeigneten öffentlichen Einrichtungen wie dem Bürgeramt kostenlos denen zur Verfügung gestellt werden, die die finanziellen Möglichkeiten nicht haben, diese zu kaufen.

Von: Dr. med. Sara Cristina da Piedade Gomes